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Vorwort

Historische Fotografien bewahren

Vorwort

Die Porträtaufnahme eines jungen Mannes
Starr blickt der junge Herr aus diesem Foto: ein gerader Blick, ein exakter Scheitel. Er trägt Krawatte und einen Altsteirer Anzug mit Hirschhornknöpfen. Der Rest der Schwarz-Weiß-Fotografie ist nicht mehr zu erkennen: Steht er oder sitzt er? Hält er etwas in seinen Händen? War das Negativ, eine Glasplatte, beschriftet, mit Nummern oder gar einem Namen versehen?
Die lichtempfindliche Schicht hat sich vom Glas gelöst, nur mehr sein Gesicht und die Schulterpartie sind vorhanden. Alles andere ist unwiederbringlich verloren. Der Zerfall frisst sich durch das Porträt.

Handreichung „Fotos richtig aufbewahren und ordnen“
An dieser historischen Fotografie zeigt sich die Bedeutung sowohl der fachgerechten Archivierung als auch der Erschließung einer historischen Aufnahme. Sie ist das Titelbild der dritten Handreichung des Interreg-Projekts „Lichtbild“, die sich sowohl der Erhaltung des Materials einer Fotografie als auch ihrer Inhalte widmet. Die Handreichung fasst die Inhalte des Workshops „Fotos richtig aufbewahren und ordnen“ vom 19. April 2018 auf Schloss Bruneck in Südtirol zusammen. Dieses E-Learning-Kapitel baut darauf auf und beschäftigt sich mit der Archivierung, also der Aufbewahrung von historischen Fotomaterialien.
 
Die Katalogisierung von (historischen) Fotografien wird im Kapitel  „Fotos richtig ordnen" behandelt.
Unbekannter Mann, circa 1935 Fotografin: Maria Egger, Sammlung Stadtgemeinde Lienz, Archiv Museum Schloss Bruck – TAP, CC BY 4.0
Das Negativ der Aufnahme
Das Bild ist der Scan eines Glasplattennegativs, der mit einem Bildbearbeitungsprogramm in ein Positiv verwandelt wurde. Das Negativ ist 16,4 Zentimeter hoch und 11,8 Zentimeter breit, es sind keine Retuschen zu erkennen. Die Emulsionsschicht ist bis auf Gesicht und Schulterpartie fast nicht mehr vorhanden. Das liegt daran, dass dieses Glasplattennegativ in den 1930er-, 1940er-Jahren im Fotografenarchiv in Zeitungspapier eingewickelt wurde. Die Glasplatten stapelte man aufeinander. Das Ergebnis: Das Papier verklebte sich fast völlig mit der Emulsion, „Schuld“ daran war die Druckerschwärze der Zeitung.


Fachgerechte Archivierung
Bei der fachgerechten Archivierung wurde das Papier vorsichtig entfernt, die Glasplatte mit einem feinen Pinsel gereinigt und archivgerecht verpackt. Heute lagert die Archivalie in einem säurefreien Kuvert „auf Kante“ gestellt, das heißt aufrecht, in einem säurefreien Karton in den Räumlichkeiten des Tiroler Archivs für photographische Dokumentation und Kunst (TAP) in Lienz.

Das TAP ist gemeinsam mit der Stadtgemeinde Bruneck, dem Amt für Film und Medien/Abteilung Deutsche Kultur sowie der Abteilung Museen der Südtiroler Landesverwaltung Partner im Interreg-Projekt „Lichtbild“.

Solche Schadensbilder, die durch ungeeignete Verpackung oder Lagerung, durch Witterungseinwirkungen, Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit, Schmutz oder physische Kräfte (Glasplatten können zerbrechen) entstehen, treten bei historischen Fotografien häufig auf. Auch bei der Aufnahme und im Atelier selbst kann der Schaden entstanden sein, etwa durch unerwünschte chemische Reaktionen, Über- oder Unterbelichtung und so weiter. Oder das Trägermaterial selbst ist instabil und nicht haltbar.
Das Glasplattennegativ des Titelbildes. Das Fehlen der Emulsionsschicht ist gut zu erkennen Fotografin: Maria Egger, Sammlung Stadtgemeinde Lienz, Archiv Museum Schloss Bruck, Martin Kofler – TAP, CC BY 4.0
Dies stellt Archivarinnen und Restauratoren vor Herausforderungen: Wie vorgehen? Was wie erhalten? Welche Fotografien sind prioritär?
So wurde etwa beim Bestand des Lienzer Fotoateliers der Familie Egger entschieden, all jene Glasplatten zu digitalisieren und aufzubewahren, bei denen zumindest ein Großteil des Gesichts eines Porträts unversehrt geblieben ist.

Archivierung – Möglichkeiten, Grenzen, praktische Anwendungen
Das Kapitel „Fotos richtig aufbewahren“ beschäftigt sich mit dem Informationsträger eines Bildes, der Fotografie an sich, als Abzug, Druck oder Negativ, der vor dem Verfall bewahrt werden muss.
Marjen Schmidt zeigt Grenzen und Möglichkeiten der Archivierung auf. Anhand konkreter Praxisbeispiele vermittelt sie klar die Bedeutung einer möglichst fachgerechten Archivierung. Mit praktischen Anleitungen exerziert Jasmeen Farina vom assoziierten Partner Südtiroler Landesarchiv das richtige Händeln historischer Fotomaterialien durch. Ein Werkstattbericht aus dem Amt für Film und Medien in Bozen zeigt den Umgang mit dem Glasplattenbestand aus dem Bozner Fotostudio Waldmüller. Es wird gezeigt, wie mit Fotografien hantiert werden sollte, wie sie verpackt und wo sie gelagert werden sollten, um sie möglichst für die Zukunft zu bewahren.
Dieses Kapitel erklärt, wie historische Fotografie in ihren vielfältigen Formen und mit ihren unterschiedlichen Materialien fachgerecht gelagert und aufbewahrt werden sollte.  Wer die hier vorgestellten grundlegenden Hinweise beachtet, kann eine historische Fotografie vor weiteren Lagerungsschäden sehr gut schützen.
Der Aufbewahrung von Fotografien in digitaler Form widmet sich das Kapitel „Fotografie und digitale Langzeitarchivierung (DLZA)".
 
Die Texte des E-Learning-Kurses basieren auf den Beiträgen der Autoren und Autorinnen in den jeweiligen Handreichungen (erschienen auf https://www.lichtbild-argentovivo.eu, erschienen unter der Lizenz CC BY 4.0). Die Texte der Handreichungen wurden vom Team Lichtbild für die jeweiligen E-Learning-Kapitel adaptiert.