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Fotogeschichte in Südtirol

Historische Fotografie in Südtirol

Entwicklung der (Atelier-)Fotografie und ihre Protagonisten

Die Fotopioniere in Südtirol

1844 – Emil Briard, der erste Wanderfotograf in Bozen

Bereits 1844 – und damit nur fünf Jahre nach der öffentlichen Vorstellung des ersten fotografischen Verfahrens – war in Bozen als nachweislich erster Daguerreotypist Emil Briard tätig, dann in den 1850er-Jahren mehrmals Ferdinand Brosy im Alt-Tiroler Raum.
Bei diesem erlernte der Ahnherr der Alt-Tiroler Fotografie Giovanni Battista Unterveger aus Trient das fotografische Verfahren.
 
Diese Wanderfotografen sorgten für eine intensive Verbreitung des neuen Mediums. So kam auch die hiesige Bevölkerung, zunächst vor allem das aufgeschlossene Bürgertum, mit der neuen Technik in Kontakt.
Giovanni Battista Unterveger
Porträt des ersten professionellen Fotografen des Trentino
 
Unbekannter Mann, um 1860 Fotograf: Anton Johann von Zieglauer, Archiv Gunther Waibl, CC BY 4.0
Anton Johann von Zieglauer (1810–1895)
Dass die noch junge Fotografie nicht nur auf die großen Zentren beschränkt war, zeigt die Tatsache, dass zu den frühen Lichtbildnern der Brunecker Apotheker Anton Johann von Zieglauer (1810–1895) zählte, der Ende der 1850er-Jahre eine Reihe von Porträts im Visit-Format anfertigte.
Das damalige Verfahren, das sogenannte nasse Kollodiumverfahren, setzte Experimentierfreude und Vertrautheit mit chemischen Substanzen voraus, die gerade Apotheker kannten.

1859 – Alois Kofler eröffnet ein Atelier in Bruneck.

Alois Kofler (1815–1915)
So war es auch ein Apotheker, der zum ersten Berufsfotografen im heutigen Südtiroler Raum wurde: 1859 gründete Alois Kofler sein erstes Atelier im Sterngarten bei der Rainkirche in Bruneck und begründete eine bis heute bestehende Fotografendynastie.

Der Beruf der Atelierfotografen und -fotografinnen

Die Atelierfotografen waren ein neuer Berufsstand, der in den Städten eine zahlungskräftige Kundschaft fand. Sie lösten die Porträtmaler ab, da es weniger kostete, sich ablichten zu lassen und dies im Laufe eines Lebens auch mehrmals bezahlbar war.
Die nun an einem festen Ort tätigen Fotografen benötigten entsprechende Strukturen: Ateliers.
Fotostudio Waldmüller, Bozen, 1992 Fotograf: Alessandro Campaner, Südtiroler Landesarchiv, CC BY 4.0
Studioaufnahme. Porträt dreier Männer, ca. 1898 Fotograf: Hermann Waldmüller, LAV003-BA-01121-174, Bestand Waldmüller, Amt für Film und Medien, Bozen, CC BY 4.0
Der Atelierraum mit der großen Kamera hatte ein nordseitig ausgerichtetes Glasfenster oder Glasdach für eine gleichmäßige Ausleuchtung – elektrisches Licht gab es ja noch nicht – und eine Dunkelkammer für das Herrichten der Glasplatten und deren Entwicklung nach der Aufnahme bzw. für die Entwicklung der Positivabzüge, die mittels Sonnenstrahlkraft belichtet wurden. Diese Ateliers waren sogenannte Tageslichtateliers.
Der Atelierraum war mit Zierrat ausgestattet (Stühle, Tische, Vorhänge für ein häusliches Ambiente, Zäune und Felsen aus Pappmaschee für imaginäre Landschaften und eine gemalte Hintergrundleinwand), anfänglich sehr sparsam, gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch recht üppig.

Die 1860er-Jahre sahen die Ausbreitung der Atelierfotografen in allen Südtiroler Städten: Franz Largajolli ab 1860 in Bozen, Lorenz Bresslmair ab 1861 in Meran, August und Peter Moosbrugger in Bozen 1864, dann ab 1865 in Meran, Kaspar Eder ab 1861 in Brixen.
So gab es im heutigen Südtirol um 1860 fünf Ateliers, zwanzig Jahre später – 1880 – bereits elf und 1907 dann sogar 77.

1896 – Hermann Waldmüller (1869–1927) eröffnet das Fotoatelier in Bozen.

Im Jahr 1886 gründete etwa Johann Albuin Mariner in Bruneck sein Atelier Mariner. 10 Jahre später, 1896, eröffnet Hermann Waldmüller (1869–1927) das Fotoatelier Waldmüller in Bozen. Er hatte den Beruf des Fotografen in Wien erlernt. Nach seinem Tod im Jahr 1927 übernahm zunächst sein Sohn Franz und ab 1970 seine Tochter Anna das Atelier. Insgesamt wurde von der Familie Waldmüller fast ein ganzes Jahrhundert auf etwa 150.000 Fotoglasplatten verewigt. Zum Tagesgeschäft des Ateliers Waldmüller gehörten von Anfang an Einzel- und Gruppenporträts. So wurden zahlreiche Südtiroler Brautpaare, Familien sowie Schulklassen, Musikkapellen und Soldaten im Fotostudio abgelichtet.
Die Atelierfotografie hielt sich bis in die 1950er-Jahre – allerdings hatte sie ab der Jahrhundertwende mit der beginnenden Amateurfotografie eine zunehmend starke Konkurrenz.
In der Zwischenkriegszeit und der ersten Phase nach dem Zweiten Weltkrieg sieht man noch ein Nebeneinander, dann entzog die Kleinbildfotografie – fast jede Familie hatte eine Kleinbildkamera – der Atelierfotografie definitiv das Geschäft.
Das Atelier Mariner
Porträt eines namhaften Fotoateliers in Bruneck
 
Die Berufsfotografen verlegten sich zunehmend auf den Verkauf von Kameras und Filmen bzw. auf das Entwickeln der Filme und die Produktion von Positivabzügen für Amateure.

1986 – Das Bozner Fotostudio Waldmüller schließt mit dem Tod von Anna Waldmüller.

Was hat zum Erfolg der Fotografie in Tirol und Südtirol beigetragen?

Der Fotohistoriker Gunther Waibl erläutert, welche zwei Faktoren die Fotografie und das Fotogewerbe groß gemacht haben.
1:01 min.

Die Fotomotive

Die Anfangszeit der Fotografie war fast ausschließlich von den Porträtaufnahmen in den Ateliers geprägt – dies war einerseits technisch bedingt, andererseits entsprachen den persönlichen und gesellschaftlichen Bedürfnissen der Kunden.
Die Festung Franzensfeste mit der neuen Brücke der Pustertalbahn über den Eisack, 1871 Fotograf: Emil Lotze, Sammlung Eisenbahnfreunde Lienz – TAP, CC BY 4.0
Landschafts- und Ereignisfotografie war zunächst noch selten, beispielsweise stellen die Aufnahmen von Emil Lotze eine rare, aber umso interessantere Ausnahme dar: Er dokumentierte den Bahnbau im Pustertal 1870/71, das Hochwasser 1882, aber auch Städte und Gebirgslandschaften.

Der beginnende Fremdenverkehr, gekoppelt mit den Anfängen des Alpinismus, ließ neue Motive in den Fokus rücken: Städte, Ortschaften, Täler, Berge. Möglich wurde dies auch durch die technische Entwicklung: kleinere, handlichere Kameras und das trockene Kollodiumverfahren mit vorgefertigten, belichtungsfähigen Negativ-Glasplatten. Die Fotografie wurde Teil der Erinnerungskultur der Reisenden und Bergsteiger.
Lokale Fotografen gingen nun neben ihrer Ateliertätigkeit in die freie Landschaft (z. B. Bernhard Johannes (1846–1899), in Meran aktiv ab 1883). Fotografen von auswärts, auch aus England und Frankreich, zogen durch Tirol, und auch Fotoverlage wie Würthle aus Salzburg und Photoglob aus Zürich hatten eine Reihe von Motiven aus ganz Südtirol in ihrem Angebot. Es waren dies die Vorläufer der Ansichtskarte, die nach der Jahrhundertwende als Massenmedium Fuß fasste.
Neben der Bildpostkarte entwickelte sich noch ein fotografischer Kontext, nämlich der Bildband. Erste Beispiele mit Südtiroler Motiven finden sich in den 1920er-Jahren, die Blütezeit der Bildbände fällt in die 1950er- bis 1970er-Jahre.
Ansichtskarten
Ab circa 1900 werden Fotos als Ansichtskarten produziert.
 
 
Die Texte des E-Learning-Kurses basieren auf den Beiträgen der Autoren und Autorinnen in den jeweiligen Handreichungen (erschienen auf https://www.lichtbild-argentovivo.eu, erschienen unter der Lizenz CC BY 4.0). Die Texte der Handreichungen wurden vom Team Lichtbild für die jeweiligen E-Learning-Kapitel adaptiert.