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Bildqualität definieren und messen

Digitale Bilddaten

Wie lässt sich Bildqualität definieren und messen?

Hinweis: Für dieses Kapitel sind Vorkenntnisse in Farbmanagement, Fotobearbeitung und Fototechnik erforderlich.
  
Straßenkreuzung Leitenweg/Huebenweg in Algund, links Trater, rechts Unterdorner, circa 1950 Foto: unbekannt, Privatbestand Johann Siller, CC BY 4.0

Einführung

Mit dem Untergang der analogen Filmindustrie und dem damit einhergehenden Abgesang der Mikroverfilmung geriet die digitale Langzeitarchivierung in den Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit. Das ist gut so, denn damit stellt sich nicht nur die grundlegende Frage, wie digitale Daten langfristig archiviert werden. 

Vorweg gilt es zu klären, welche Ansprüche wir an digitalisierte Bilddaten stellen müssen, damit diese überhaupt langfristig archivwürdig sind! 

Mit Blick auf die Verbreitung des IIIF-Interoperabilitätsstandards (https://iiif.io), der es ermöglicht, Bilddaten über Plattformen hinweg individuell zu vergleichen, ist diese Frage in ihrer spezifischen Dringlichkeit nicht länger zu ignorieren.

Was sind die wichtigsten Kriterien, die wir bei der digitalen Langzeitarchivierung von Fotografien berücksichtigen müssen? 

Für den Informationswissenschaftler Michel Pfeiffer sind Transparenz und die Nachvollziehbarkeit des Vorgehens zentrale Aspekte der digitalen Langzeitarchivierung.
0:46 min.
Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, wie sich die Qualität von Bilddaten beschreiben lässt. Der Hintergrund erscheint dabei konsensfähig:

Was künftig über Jahrhunderte digital gespeichert werden will, sollte nachvollziehbare und gut dokumentierte Anforderungen erfüllen. 

Andernfalls werden sich die hohen, wiederkehrenden Kosten für die digitale Langzeitarchivierung oder die Vermittlung der Inhalte wohl nur schwer rechtfertigen lassen. 
Konsens besteht auch darin, dass die bei der Digitalisierung entstehenden Daten möglichst genau, d. h. mit einer möglichst geringen Abweichung vom Original transmedialisiert, also weitergeschrieben werden, damit die spätere Nutzung möglichst vielfältig und uneingeschränkt erfolgen kann. 
Dies geschieht bei Fotografien zudem vor dem Hintergrund sich zersetzender Materialität. Deren Degradationsprozesse können durch optimale Lagerungsbedingungen nur verlangsamt, nicht aber aufgehalten werden. 
Mehr zur optimalen Lagerung und Archivierung von Fotooriginalen

Fotos richtig aufbewahren

Qualitätsstandards im Digitalisierungsprozess zielen darauf ab, Unterschiede möglichst gering zu halten. 

Was überlebt – so die allgemeine Hoffnung –, sind digitale Repräsentationsformen.

 
Standardisierungsbemühungen

Welche Qualitätsmaßstäbe sind bei der digitalen Langzeitarchivierung von Fotografien anzusetzen?

Der Informationswissenschaftler Michel Pfeiffer stellt drei international anerkannte Standards und ihre Güteklassen für die Digitalisierung von Fotografien und deren Langzeitarchivierung vor.
1:32 min.
In der letzten Dekade haben sich einige Standards zur Qualitätssicherung von Bilddaten entwickelt. 

FADGI
Hier ist der US-amerikanische Standard FADGI (http://www.digitizationguidelines.gov) zu nennen. In Kulturinstitutionen sind die 2004 initiierten Richtlinien seit 2007 fester Bestandteil der amerikanischen Qualitätsdebatte. Ein Vier-Sterne-System beschreibt unterschiedliche Toleranzen, die je nach Materialien bei der Digitalisierung einzuhalten sind. In der aktuellen Version werden sowohl transparente Durchlichtmedien (Negative und Diapositive) als auch reflektierende Auflichtmedien (Fotografien, Grafiken, Gemälde usw.) erfasst. 

Metamorfoze
Mit Metamorfoze (https://www.metamorfoze.nl) entwickelte Hans van Dormolen im Auftrag des niederländischen Rijksmuseums eine weitere Richtlinie, die sicherstellen sollte, dass vor allem die Farbunterschiede im Digitalisierungsprozess von Gemäldereproduktionen minimiert werden. 

ISO-Norm TS 19264-1
Jüngst gesellte sich die ISO-Norm TS 19264-1 [1] dazu. Im ersten Teil der 2017 verabschiedeten Norm werden Kriterien beschrieben, wie fotografische, reflektierende Auflichtmaterialien zu digitalisieren sind. Der zweite, noch nicht publizierte Teil der Norm wird sich künftig mit transparenten Medien beschäftigen. 

 
Grundlage aller Richtlinien

Grundlage aller Normierungs- bzw. Standardisierungsbemühungen ist der Wunsch nach nachvollziehbaren Messkriterien, die eine Aussage über die Qualität eines Digitalisats zulassen. 

Die einzelnen Normen unterschieden sich methodisch darin, wie und mit welchem Tool diese Kriterien gemessen werden sollen, sowie in der jeweiligen Auslegungsform entsprechender Toleranzen, in denen ein Qualitätskriterium noch akzeptiert wird. 

 
Soll-Ist-Vergleich mittels Targets

Vergleich der Soll- und Istwerte. Links Original Color Checker SG Target, rechts die Messwerte der Datei in Photoshop Erstellung: Michel Pfeiffer, CC BY 4.0
Allen Normbemühungen immanent ist das vergleichende Prinzip von Soll- und Istwerten. Je nach Norm werden zwischen 5 und 13 (manchmal sogar mehr) verschiedene optomechanische und digitale Kriterien verglichen
Dazu werden spezifische Messfelder, sogenannte Targets, eingesetzt. 
Unterschiedliche Messfelder, auch Targets oder Testcharts genannt Erstellung: Michel Pfeiffer, CC BY 4.0
Aufgedruckte Flächen und Muster dieser Targets liefern die Sollwerte.
Je nach Norm unterscheiden sich die Targets voneinander, nicht mit jedem Target lässt sich jedes Kriterium jeder Norm messen. 

Zielführend ist es daher, sich für eine Norm zu entscheiden und dann mit dem entsprechenden Set von Targets zu arbeiten. 

Metamorfoze
Technical targets
Metamorfoze beschreibt die Anwendungs- und Einsatzfelder der Targets sehr gut (siehe dazu Digitalisierungshandbuch von Metamorfoze, S. 29).
Soll-Lab-Werte
Die Soll-Lab-Werte sind auf dem Testchart aufgedruckt. Sie sind damit menschenlesbar dokumentiert. 
Für die digitale Langzeitarchivierung ist dies ein großer Gewinn, aber nur dann, wenn die Testcharts bzw. -targets, so wie sie digitalisiert werden, auch beim Bildobjekt verbleiben, d. h. auch gespeichert und archiviert werden. Freilich, das kostet einige MB oder GB an Speicherplatz mehr. 

Die damit erst ermöglichte technische Nachvollziehbarkeit der Bildqualität erscheint aber mehr als gerechtfertigt. 
Versagen heutige oder künftige Technologien, so wird es nachkommenden Generationen möglich sein, aufgrund dieser aufgedruckten beigelegten Sollwerte die Daten anschaulich möglichst originalgetreu zu rekonstruieren. Dafür stehen Standards wie Metamorfoze ein.
 
Die Texte des E-Learning-Kurses basieren auf den Beiträgen der Autoren und Autorinnen in den jeweiligen Handreichungen (erschienen auf https://www.lichtbild-argentovivo.eu, erschienen unter der Lizenz CC BY 4.0). Die Texte der Handreichungen wurden vom Team Lichtbild für die jeweiligen E-Learning-Kapitel adaptiert.